Samstag, 2. Februar 2008

Die verbotene Stadt

(Aus den Apokryphen des Mingshi von Zhang Tingyu)

... und will er die verbotene Stadt erreichen, so führt sein Weg durch die Pforte zum Reich des Himmels [天国], wo er prüfe, ob sein Geist von reiner Gesinnung und sein Körper von Ausdauer, denn steil und voller Mühen ist der Weg hinauf durch das Dunkel der Wälder.

Viele Gefahren nämlich säumen den Weg, und wenn er die schwarzen Wälder [黒森] sicher verlassen, so wähne er sich nicht voller Leichtsinn in Sicherheit: denn ein Schild in fremder Schrift wird ihm künden, dass er nun untersteht dem Schiedsspruch eines neuen und gestrengen Herrschers.

Zwar kenne ich keinen Präfekten, dem mein von Menschen wie Göttern in gleichem Maße geliebter Kaiser eine prächtigere und vollkommenere Jadeperle aus der Kette seines Reiches anvertraut hat. So machten sich einst aus allen Teilen des Reiches Menschen auf den Weg an diesen Ort und zum See der himmlischen Ruhe. Doch versiegt ist längst der Strom zu der Stadt, von der die Menschen heute sprechen als "Die Verbotene". In vielerlei Sprachen wird er Tafeln finden, die künden von der Herkunft der früheren Gäste.

Und so wird der Mann, der ziehet seine Kreise entlang des Ufers des Sees, bisweilen begegnen vereinzelten Gruppen von Menschen wie diesen, von welchen ich vernahm gar fremdartige Worte, als ich selbst zu Gast war in der Verbotenen Stadt:
"Geada, wennde glei de Luffd anhäls, siehse auffm Foddo schlanggea aus!"
Manche sagen, die Kunde aus fernen Ländern von einem wundersamen Mann, der auf dem Wasser ging und sich großer Beliebtheit erfreute, habe große Furcht im Statthalter geschürt, seine Macht an Andere zu verlieren, und so habe er verboten, auf dem See zu gehen. Gar eigenartige Apparate erzählen von der vergangenen Zeit, in der Menschen aus fremden Ländern viel Geld brachten in die einst blühende Stadt.

Doch viele Menschen jüngerer Geburt, so fürchte ich, sind nicht mehr vertraut mit den Monumenten aus Zeiten früherer Kaiser, mit welchen die Bürger der Stadt eins alte und geistig schwache Menschen um ihr Geld erleichterten.


Heute, so scheint es mir, hält neuartige Technik dann nur Einzug durch die Tore der verbotenen Stadt, sollte sie dem Statthalter Nutzen versprechen bei der Kontrolle seiner Anordnungen.










Und so wisse er, dem Einlass in die verbotene Stadt gewährt wurde, dass auf jähe Wege er sich begibt, sollten Neugier und Hochmut ihn treiben, jenseits des Gebotenen zu wandeln.

Denn von wenigen nur wissen wir, die noch im Stande waren zu berichten von den harten Strafen, die sie einst empfingen für ihr Auflehnen gegen das Wort der Stadt. Und von Zahlreichen kündigen die alten Schriften, die zahlten einen allzu hohen Preis für Hochmut und Unachtsamkeit.

Und so sieh er zu, dass nie dem Vergessen anheim fällt das Wissen, dass selbst der Weise sich nicht verlassen darf auf die Führung der Tugend in der verbotenen Stadt - denn fremd ist gar mancher Brauch, so dass einzig das demütige Fügen unter das harte Wort der Stadt ihm Schutz bieten wird.

Denn schnell ist die städtische Garde zu Orte, um mit eisernen Griff denjenigen zu greifen, der frech sich auflehnt, und vergeblich wird er sich unwissend nennen der Gesetze der Stadt.


Mit diesen Worten zur Vorsicht gemahnet misse er jedoch nicht zu kosten von dem, was ihm dort geboten zur körperlichen Erbauung und Ergötzung. Nicht viel weiss ich dem Reisenden zu berichten von derartigen Vorzügen des Ortes, denn ein Zeugnis nur fand seinen Weg in meine Hände, das uns Kenntnis gibt von Speisen und Festen in der verbotenen Stadt an seinem unteren rechten Rande: "Feiern sie mit uns das Revival eines Grillklassikers - Denn was schmeckt besser vom Grill als eine einfache saftige Bratwurst?".

Hiermit sollen meine Ausführungen über die verbotene Stadt schließen. Den Göttern zwar wird der Besucher näher sein an jenem weit über dem Meer gelegenen Orte. Doch vielen scheint die Schau des gleissenden, im See gespiegelten göttlichen Lichtes den Verstand geblendet zu haben. Einige, so sagt man, verloren ihn über die ständige Furcht hinweg, unwissentlich gegen die harten Gesetzen der Stadt verstoßen zu können.

So wisse er um diese Gefahren, und prüfe sorgfältig, bevor den harten Weg zu gehen er sich entschließe hinauf in die Stadt, die sie nennen "Die Verbotene".
(Ende des XIX. Buches)

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