Sonntag, 6. Januar 2008

Stiefelchenlager

Drei Assoziationen zur Frage der Entwicklung und ethischen Führung eines Menschen, und ob Sekundärtugenden um ihrer selbst willen erstrebenswert sein sollten:

I) Art. 6 Abs. 2 Grundgesetz der BRD:
Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

II) Pressemitteilung der CDU vom 03.01.2008 zum Thema Bootcamps, in welchen die staatliche Gemeinschaft bzw. die CDU dieser den Eltern zuvörderst obliegende Pflicht mit militärischem Drill und Disziplin nachkommen will:
Die Jugendlichen werden an einen strukturierten Tagesablauf gewöhnt, sie üben Umgangsformen ein, die für das gesellschaftliche Miteinander unabdingbar sind, sie lernen, dass die Nichteinhaltung bestimmter Regeln Konsequenzen hat und nicht zuletzt erfahren sie in den Camps Aufmerksamkeit, Zuwendung und Geborgenheit.


III) Ludwig Quidde, Der Militarismus im heutigen Deutschen Reich (1893):
Für den Geist des Militarismus in der Armee sind zwei Züge charakteristisch, 1. die unbedingte blinde Unterwerfung jedes Einzelnen unter den Willen des Vorgesetzten, auf Kosten alles dessen, was sonst für menschliche Entwicklung Wert besitzt und 2. eine sich auf dieser Grundlage entwickelnde Mißachtung humanen Empfindens, die sich unter Umständen ungestraft bis zu Brutalitäten steigern darf. Mit allen Empfindungen nicht nur von Menschlichkeit, sondern auch von Recht und Gerechtigkeit kommt die militärische Auffassung in Konflikt, wenn sie ihre Anschauungen von "Disziplin" betätigt.

Ludwig Quidde, geb. 1858 in Bremen, war Historiker, Demokrat, Republikaner, Leiter des Preussischen Historischen Instituts in Rom (dem heutigen DHI), Publizist, Pazifist und zweiter deutscher Friedensnobelpreisträger (1927). Ende des 19. Jahrhundert erlangte er größte Bekanntheit durch eine kleine, jedoch millionenfach gedruckte Schrift namens Caligula - Eine Studie über römischen Cäsarenwahnsinn, in welcher er unter dem Deckmantel eines historischen Porträts unmissverständlich die Parallelen zu Kaiser Willhelm II. aufzeigte.

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite