Sonntag, 14. Oktober 2007

Der Japaner an sich

Das Bildprogramm über einem Portal zu einer gotischen Kirche ist zumeist eine ernste Angelegenheit. Hier in Notre-Dame in Paris scheint die Message eindeutig: Jesus trohnt als Weltenrichter über dem jüngsten Gericht, während unten die Engel die Posaunen blasen und die Leichen sich aus den Gräbern erheben zum jüngsten Gericht.
Nein, da darf man schon etwas Beklemmung erwarten bei einem gläubigen Katholiken, der durch dieses Portal in die Kirche schreitet. Zumal ihm gezeigt wird, wie der Erzengel Michael fein-säuberlich die Seelen abwiegt, und des Teufels Gehilfe dabei sogar die Waagschale nach unten zerrt. Wen überkommt da nicht die Furcht vor dem jüngsten Gericht; die Angst, an jenem Tage zu den Seelen zu gehören, die nach rechts ins Fegefeuer abgeführt werden?

Antwort: Ihn hier, als pars pro toto für jedwede japanische Reisegruppe in Paris:

Denn er befindet sich in fachfrauischer Begleitung einer japanischen Touristenführerin, welche den Besuchern aus Fernost minutiös sämtliche Details eines mittelalterlichen Kirchenportals nahebringt.
Routiniert lässt sie ihren mit einem roten Puschelschwänzchen gewappneten Zeigestab über die westliche Kunstgeschichte kreisen - und wo der hinzeigt, wächst keine Demut mehr. Denn 12000 Kilometer Distanz zum katholischen Glauben lassen als Reaktion auf diese sonderbaren Auswüchse mittelalterlicher Vorstellungen keine Alternative zur folgenden - eine Reaktion, die uns unsere eigene innere Einstellung zu den Geschichtchen um japanische Tempel vor Augen führt:

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